Kultur von Crassulaceae - Einige Hinweise


Es gibt genügend Publikationen, in denen mindestens ein Kapitel der adäquaten Kultur der Pflanzen gewidmet ist. Wir möchten daher hier nur über sechs uns wichtig erscheinende Punkte reden, die uns bei unserer Gartenarbeit bzw. der Arbeit im Glashaus besonders aufgefallen sind.


1. Sonne und Schatten


Die meisten Crassulaceae wachsen in der Natur an Standorten, an denen der Einfluss der teilweise recht starken Sonne mindestens teilweise limitiert ist. Diese Situation zu simulieren ist, in der Kultur nicht sonderlich schwierig, wenn man in gemässigten Klimazonen wohnt und die Pflanzen in einem Glashaus kultiviert. Nur ganz wenigen Crassulaceae bekommen hohe Temperaturen, daher muss mit Beschattungsfolien gearbeitet werden, wenn die Temperatur im Glashaus zu stark ansteigt. Falls die Möglichkeit besteht, die Crassulaceae im Freiland zu kultivieren, sollte in sehr heissen Gegenden die Nachmittagssonne vermieden werden.


2. Wind


Der Wind hat in der Natur die Eigenschaft, die Oberflächen-Temperatur der Pflanzen an sonnigen Standorten recht massiv herabzusetzen. Er ist daher sehr wichtig, kann aber in der Glashaus-Kultur kaum oder nur beschränkt simuliert werden. Stehende Luft und hohe Luftfeuchtigkeit sind eine tödliche Kombination für Crassulaceae in Kultur. Viele Crassulaceae werden dahingerafft von Pilzen, die die Pflanzen von innen heraus verfaulen lassen. Ausserdem vermehren sich mit hohen Temperaturen und stehender Luft diverse Schädlinge wie Woll- und Schmierläuse explosionsartig.


3. Wasser


Wir haben in unserer Kultur (Freiland und Glashaus) über die Jahre festgestellt, dass unsere Pflanzen oft Probleme mit unserem Giesswasser hatten, in der Regenzeit jedoch wieder "zum Leben erweckt" wurden. Ein mehrteiliger Artikel im Journal der amerikanischen Cactus and Succulent Society brachte uns des Rätsels Lösung. Wir wollen hier in kurzen Worten erläutern, wie wir vorgegangen sind und welches Resultat das neue Giesswasser gezeitigt hat. Wer es genau wissen will, sollte sich den ganzen Artikel zu Gemüte führen.


3.1 Bestimmung des Original-pH-Wertes des Giesswassers


In einem ersten Schritt massen wir unser aus einem Tiefbrunnen stammendes Giesswasser. Wir kauften uns einen elektronischen pH-Messer, der mit bestimmten Lösungen geeicht werden musste. Es kann jedoch ebenfalls ein Labor beauftragt werden, die Härte des zur Verfügung stehenden Wassers zu bestimmen. Unser Giesswasser hat den pH-Wert 8.2. Es ist also extrem hart, was dem Wurzelsystem der Pflanzen überhaupt nicht gut bekommt. Nur zum Vergleich: Regenwasser ist normalerweise weich und sauer mit einem pH-Wert zwischen 5.5 und 6.5.


3.2 Korrektur des pH-Wertes auf 5.5


Gemäss Anleitung im Artikel im CSSA-Journal füllten wir 114 Liter (30 gallons) unseres harten Brunnenwassers in eine Tonne und versuchten Schritt für Schritt, den pH-Wert auf 5.5 abzusenken. Dafür setzten wir dem Wasser billigen weissen Essig zu. Dieser muss in kleinen Mengen zugegeben werden und immer sehr gut umgerührt werden, um so herauszufinden, welche Menge Essig dem Wasser zugesetzt werden muss, um den Wert 5.5 zu erreichen. Wir erreichten den Wert 5.5 mit einer Menge von 300 ml Essig auf 114 Liter Wasser. Die Autoren des Artikels im CSSA-Journal schreiben, dass das Wasser bald verwendet werden soll, da der pH-Wert in einer länger stehenden Lösung langsam wieder ansteigen kann. Es ist daher ratsam, nur Mengen anzusetzen, die man auch wirklich am gleichen Tag vergiessen will.



3.3 Zusatz von Ammoniumsulfat


Ammoniumsulfat ist ein in der Landwirtschaft häufig verwendetes Mittel, um das Wurzel-System von Pflanzen gesund zu erhalten und dessen Aufnahmefähigkeit zu staerken. Auf 114 Liter Giesswasser verwenden wir zwei gestrichene Esslöffel Ammoniumsulfat (welches bei uns nur in Pulverform erhältlich ist und sehr billig ist), das wir in einem zusaetzlichen Liter Wasser auflösen, zugeben und gut vermischen. Ammoniumsulfat wird auch als Dünger (aber in sehr viel höheren Konzentrationen) verwendet, enthält jedoch nur die Komponente Stickstoff, jedoch weder Phosphor noch Kalium.



3.4 Resultat gemäss unserer eigenen Erfahrung


Die Pflanzen sehen innert Tagen gesünder und grüner aus. Sie sind blühwilliger und resistenter gegen Schädlinge. Schon nach wenigen Wochen ist ein deutlicher Unterschied sichtbar. Wir verwenden dieses Wasser seit Monaten in der Freilandkultur sowie im Glashaus.


4. Substrat


Die Pflanzen im Freiland wachsen bei uns in einer Mischung von 50% Gartenerde und 50% Bimsstein-Grus, das die Drainage überschüssigen Wassers fördert. Im Garten decken wir die Erde mit rotem Vulkan-Grus ab, damit die starke Sonne die Erde nicht allzuschnell austrocknet. Im Glashaus verwenden wir eine Mischung von 30% Torf und 70% Bimsstein-Grus und zur Abdeckung der Erde in den Pflanztöpfen groben weissen Marmorsand. Von reiner Gartenerde sollte abgesehen werden, da diese zu reichhaltig ist und den Wuchs der Pflanzen unnatürlich beschleunigt.


5. Dünger


Dünger ist für sukkulente Pflanzen meist mit unnatürlichem Wuchs verbunden. Gemäss persönlichem Gespräch mit Kelly Griffin, San Diego, der ein Fachmann für die Aufzucht sukkulenter Pflanzen ist, sollte nur eine Kombination 10-20-20 (H-P-K oder Stickstoff-Phosphor-Kalium) verwendet werden, die man auf 2-4-4 oder ähnlich verduennt. Diese Zusatz-Nahrung sollte man nicht öfter als 2-mal jährlich geben, um keine vergeilten Pflanzen zu züchten.


6. Schädlinge


Schädlinge sind ein leidiges Thema in der Kultur von Crassulaceae. Hier helfen eigentlich nur systemische Mittel, die von den Pflanzen über ihre Wurzeln aufgenommen werden und die damit dann ihre eigene Abwehr bilden.

 

Wir hoffen, mit unseren Ausführungen ein wenig zum Erfolg Eurer Pflanzen-Kultur beigetragen zu haben.

 

Julia Etter & Martin Kristen

www.crassulaceae.com


Literatur


- Cactus and Succulent Journal US: 82(4) (Jul-Aug 2010): Ammonium Nitrogen and Acidic Water for Xerophytic Plant Growth (Burleigh & Roberts)
- Cactus and Succulent Journal US: 82(6) (Nov-Dec 2010): Watering Systems for Success in Growing Plants, Using Low pH and Ammonium Nitrogen (Roberts & Burleigh)